Das Sparschwein auf dem Dachboden

Von Heike Schlenkermann

Mittels guter Dämmung, Wärmepumpe und Lüftungsanlage haben sich die Grigos unbeabsichtigt fast ein Passivhaus gebaut. Über die Rechnung der Stadtwerke freuen sie sich jeden Monat.

„Wir sind hier hinten, kommt doch rein!“, rufen Jennifer und Jan-David Grigo aus dem Garten, wo sie gerade mit ihrem neuen Projekt – Anbau ans Gartenhaus – beschäftigt sind. „Seit vier Jahren hält uns dieses Haus auf Trab, und es gibt immer noch so viele Baustellen...“, seufzt die Hausherrin, lächelt aber dabei. Diese Baustellen bleiben dem Besucher allerdings verborgen: Adrett leuchten die roten Ziegeln der Hauswände mit dem weiß gestrichenen Holz des Dachüberstandes um die Wette, der Rasen breitet sich in sattem Grün um das neu erbaute Heim der Familie Grigo im niedersächsischen Achim aus. In der Sandkiste ordnet der fünfjährige Mats ganz entspannt seinen Fuhrpark.

Im Haus ist es ruhig. Durch die hohen Fenster und Terrassentüren fällt das Sommersonnenlicht ins geräumige Wohn-Esszimmer und Fidie, die junge Hündin der Grigos schlummert friedlich in ihrem Körbchen. Erst nach einem Hinweis der Hausbesitzer entdeckt das bauiq-Team die beiden Tellerventile oberhalb der Fenster zur Gartenseite, über die mittels Lüftungsanlage Frischluft in den Raum gelangt. Ganz dezent oberhalb der normalen Blickhöhe angebracht, fallen sie dem Besucher normalerweise sicher nicht auf.

Energieeffizientes Bauen mit gutem Gesamtkonzept

Als sie nach jahrelanger Suche kein Haus zum Kauf finden konnten, entschlossen sich Jennifer und Jan-David Grigo, selbst eines zu bauen. Das heißt: bauen zu lassen. Das Paar ließ sich von vielen Bauunternehmen beraten. Schließlich war es vom Angebot einer regionalen Firma überzeugt, die sich energieeffizientes Bauen auf die Fahne geschrieben hat. So erhielten die Grigos vor drei Jahren ein KfW 40 Effizienzhaus, mit ordentlicher Dämmung, Erdwärmepumpe und Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung – und sind begeistert: „Um die 85 Prozent der Wärme, die wir sonst rauslüften würden, bleiben im Haus!“ Der Hersteller weist in den Unterlagen zur Lüftungsanlage einen Wert von 83 bis 88 Prozent aus.

Frische Luft ohne Pollen dank Lüftungsanlage

Wir gehen alle zusammen einmal ums Haus herum und gucken nach den Ansaug- und Austrittsöffnungen der Luftkanäle: Der Zugang für Frischluft befindet sich links am Dachgiebel, die Abluft verschwindet an der rechten Giebelseite Richtung Bahntrasse. Schließlich steigen wir hoch auf den Dachboden, wo die zentrale Lüftungsanlage ihren Platz gefunden hat. Von hier aus verschwinden schallgedämmte Metallrohre, die in ein Bündel über- und nebeneinandergelegter Luftleitungen aus Plastik übergehen, nach unten Richtung Wohnräume. In regelmäßigen Abständen reinigt eine Firma sie professionell mit Hilfe langer biegsamer Stäbe, an deren Enden Rundbürstenköpfe sitzen.

Jennifer und Jan-David präsentieren uns zwei Filter, die sie aus einem Einschub am Zentralgerät ziehen. Der gröbere der beiden filtert Insekten, Pflanzensamen, Fasern und größere Staubpartikel aus der angesaugten Luft, der feinere hält Blütenpollen und kleinere Staubteilchen aus den Wohnräumen fern. Eine ganz wichtige Funktionalität für die Grigos: „Mats, Jennifer und ich, wir drei sind alle Pollenallergiker“, berichtet Jan-David. „Dank dem Pollenfilter gibt es im Haus keine Allergieprobleme. Nachhause kommen, duschen, Haare waschen – und nach einer Viertelstunde ist die Nase wieder frei!“, freut er sich. „Überhaupt ist es beeindruckend, was in den Filtern hängen bleibt. Das hätten wir sonst alles im Haus – und in unserer Atemluft“, ergänzt er. Die Familie wohnt direkt hinter einer Bahntrasse, sodass sich Dieselruß, Abrieb der Zugbremsen und aufgewirbelter Staub als schwarze Schmiere in den Filtern der Lüftungsanlage wiederfinden.

Dieses Rohr leitet die Abluft hinaus
Einfaches Filterwechseln mit wenigen Handgriffen

Viel Arbeit haben sie mit der kontrollierten Wohnraumlüftung nicht; alle drei Monate beide Filter wechseln, das war es fast schon. „Wir saugen sie außerdem einmal im Monat ab und spülen sie gründlich durch“, berichtet der Hausherr.

Fensterlüftung würde kaum funktionieren

Ob das wirklich nötig sei, zweifelte Jennifer zu Beginn der Hausplanungen noch, wenn sie an die kontrollierte Wohnraumlüftung dachte. Aber sie ließ sich dann doch überzeugen, schließlich ist das Heim der Grigos ein KfW 40 Effizienzhaus: Die Gebäudehülle ist annähernd dicht. Ein Blower Door-Test ergab eine Gesamtleckage von der Größe eines Zwei-Euro-Stücks. „Gegen so eine Dämmung können Sie nicht per Fenster anlüften“, ist Jennifer überzeugt. „Selbst dann nicht, wenn es streng nach Plan geht. Wer kann schon alle paar Stunden die Fenster zwanzig Minuten lang öffnen?“

Wenig Geräuschentwicklung durch die automatisierte Lüftung

Bedenken hatte Jennifer auch wegen der vermeintlich hohen Geräuschentwicklung der Lüftungsanlage. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht, ob es nicht doch zu laut ist.“ Der Gegenbeweis folgt auf dem Fuß: „Kommen Sie mal mit ins Badezimmer!“, fordert sie uns auf. Dort lauschen wir angestrengt. Wenn überhaupt ist nur ein feines Summen zu hören. „Ich höre es gar nicht“, sagt Jennifer, wobei sie offen lässt, ob es an der Gewöhnung oder an nicht vorhandenen Luchsohren liegt. „Wenn ich schnarche, ist es jedenfalls lauter“, meint ihr Mann. Auch Mats ist gerade nicht annähernd so leise wie die Lüftungsanlage. Unterzuckert hampelt er auf der Treppe herum. Nach einem Becher Vanillejoghurt und einer Auszeit im Kinderzimmer geht es ihm deutlich besser.

Frischluft im Kinderzimmer tut Mats sichtlich gut

Das rechnet sich: Kostenersparnis durch schlaues Energiekonzept

Einfacher Zugriff auf die Lüftungsanlage: Bei Bedarf wird mit einem Klick die Leistung hoch- oder runtergefahren

Wirklich beeindruckt sind die Grigos von der enormen Kostenersparnis durch das Energiesparkonzept ihres Neubaus. Laut Bauunternehmer sollten sich die Kosten von etwa 25.000 Euro für Dämmung, Wärmepumpe und Lüftungstechnik nach 11,4 Jahren amortisiert haben. Dazu Papa Grigo: „Ich bin Ingenieur, mein Vater ist Ingenieur. Wir haben die Zahlen vom Bauunternehmer gekriegt und haben uns hingesetzt und Literatur gewälzt. Wir haben gerechnet und gerechnet und sind schließlich bei einem noch besseren Wert gelandet als er, bei 9,8 Jahren. In der Realität sieht es sogar noch besser aus: Wenn es so weiterläuft, wie im letzten Jahr, dann sind wir nach 6,4 Jahren durch!“

Stadtwerke tauschen Stromzähler aus

Der gesamte Energieverbrauch der Grigos belief sich im Jahr 2014 auf 3050 Kilowattstunden; sämtliche Elektrogeräte und Lampen, sowie Erdwärmepumpe und Lüftungsanlage wurden so „gefüttert“. Heizkosten entstehen bei den Grigos nur indirekt durch den Betrieb von Erdwärmepumpe und kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung: Während die Erdwärmepumpe für Warmwasser sorgt und über eine Fußbodenheizung im Erdgeschoss das Haus angenehm temperiert, ist die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung dafür verantwortlich, dass die in Küche und Bad erzeugte Wärme im Haus bleibt und nicht über aufgerissene Fenster verschwindet. Der Abschlag an die Stadtwerke schrumpfte von Jahr zu Jahr, regelmäßig erhielt die dreiköpfige Familie Geld vom Versorgungsunternehmen zurück. Dreiköpfig?

Dreiköpfig?
Fidie ist aufgewacht und tapst über die Wiese. Sie braucht nun doch ein bisschen Aufmerksamkeit. Auch Mats langweilt sich und geht schon mal vor zu Oma und Opa; ein paar Häuser die Straße hinunter wartet dort heute ein leckeres Abendessen. Mama und Papa werden wohl ein bisschen zu spät kommen, doch bevor die Mägen zu laut knurren, müssen sie noch schnell erzählen, dass die Stadtwerke vor einiger Zeit Techniker geschickt hatten, um die Stromzähler auszutauschen: „Die dachten, das kann nicht wahr sein“, lacht Jan-David, „unser Haus ist nicht als Passivhaus angemeldet, trotzdem verbrauchen wir kaum Energie zur Wärmeerzeugung.“ Dann fügt der stolze Hausbesitzer noch etwas hinzu: „Unsere Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist keineswegs nur das i-Tüpfelchen, sondern wesentlicher Bestandteil unseres ganzen Energiekonzepts.“

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